Refurbishment von Produktionsanlagen

Refurbishment von Produktionsanlagen

Implementierung von Circular Economy Ansätzen in den Produktionsmitteln der diskreten Fertigung

Ein Themengebiet, welches in den letzten Jahren im privaten, wie auch professionellen Umfeld immer weiter an Bedeutung gewonnen hat, ist der Bereich Nachhaltigkeit. Wie bereits in unserem Insight "Nachhaltige Fabrikgebäude: Ein Schritt zur Green Economy" dargestellt wurde, können Unternehmen ihre Produktion durch neue Technologien und grüne Ansätze auf einer makroebene wesentlich umweltfreundlicher gestalten. Neben dieser übergeordneten Sichtweise können Unternehmen der diskreten Fertigung auch ihre Produktionsmittel und -anlagen dazu einsetzen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Vielfältige Möglichkeiten existieren, um Produktionsanlagen umweltfreundlicher zu gestalten. Neben verbesserten Steuerungsprozessen zur Steigerung der Effizienz, Energieeinsparungen durch neue Technologien oder Vermeidung des Einsatzes von umweltschädlichen Substanzen in der Produktion stellt eine End-of-Life Betrachtung der Anlagentechnik und damit verbunden die Implementierung von Circular Economy Ansätzen weitere entscheidende Stellhebel dar. Als Beispiel aus dem alltäglichen Leben sind speziell im Bereich der Consumerelektronik in den letzten Jahren Secondhand-Produkte unter der Bezeichnung Refurbished Tech etabliert worden, welche Produkte nach ihrem ersten Lebenszyklus eine zweite Chance geben und das Geschäftsmodell ReCommerce lukrativ gemacht haben.

Analog dazu ergeben sich ähnliche Chancen in der diskreten Fertigung. Da der klassische Lebenszyklus von Produkten für Endverbraucher deutlich kürzer ist, als der Lebenszyklus von Produktionsanlagen und Fabrikgebäuden stellt sich für produzierende Unternehmen die Frage, was nach Abkündigung eines Produktes mit der bestehenden Produktionsinfrastruktur geschieht. In den seltensten Fällen werden Fabrikgebäude nach nur einem Produktlebenszyklus abgerissen und neu aufgebaut, sondern grundsätzlich bestmöglich weiterverwendet. Diese Betrachtungsweise ist auch auf Produktionsanlagen anwendbar und fällt in den Bereich des Circular-Economy-Gedankens. In einer Kreislaufwirtschaft bestehen viele Möglichkeiten, was nach Ablauf des ersten Lebenszykluses mit einem Produkt geschehen kann. Eine Möglichkeit für Anlagentechnologie ist dabei Refurbishment.

Was ist Refurbishment?

Unter Refurbishment wird die qualitätsgesicherte Überholung und Instandsetzung von Produkten zum Zweck der Wieder- und Weiterverwendung verstanden. Im Bereich der Produktion ermöglicht Refurbishment somit neue Technologie in bestehende Anlageninfrastrukturen zu integrieren und beschädigte/verschlissene Teile auszutauschen, um weiterhin einen einwandfreien Einsatz der Produktionsmittel und -anlagen zu gewährleisten. Refurbishment unterstützt daher die Nachhaltigkeit durch Vermeidung von Abfällen und Schonung von Primärressourcen.

Was ist der Unterschied zu anderen Circular Economy Ansätzen?

In der Circular Economy existieren die 5-R-Ansätze für eine nachhaltige Welt. Der am weitesten verbreitete Gedanke ist Reduce mit dem Ziel den Verbrauch von Rohstoffen vor oder in der Produktentstehungsphase zu vermeiden bzw. zu vermindern. Bei der End-Of-Life Betrachtung von Produkten haben sich neben Renew, worunter Refurbishment fällt, diese weiteren 4 Handlungsoptionen etabliert: 

  • Reuse: Elemente werden zum gleichen Zweck wieder/weiterverwendet ohne qualitätssichernde Maßnahmen durchzuführen
  • Repair: Defekte Elemente werden wieder instandgesetzt
  • Renew (aufgeteilt in Refurbishment und Remanufacturing): Beim Remanufacturing werden Elemente wieder auf den Qualitätsstandard eines Neuelements gesetzt
  • Recycle: Als Abfall deklarierte Rohstoffe werden zu Sekundärrohstoffen verarbeitet

Welche Vor- und Nachteile ergeben sich in der Praxis?

Der zentrale Vorteil von Refurbishment liegt darin, dass es Unternehmen die Möglichkeit bietet bereits vorhanden Produktionsressourcen optimal zu nutzen und durch die Überholung und Instandsetzung der bestehenden Anlagen erhebliche Wettbewerbsvorteile zu erzielen. 

Ein wesentlicher Gesichtspunkt von Refurbishment im laufenden Produktionsprozess ist, dass die Energieeffizienz von älteren Anlagen durch den Einsatz moderner Technologien oder Optimierungsmaßnahmen reduziert werden kann. Dies führt zudem zu Kosteneinsparungen, welche die getätigten Investitionen langfristig amortisieren können. Des Weiteren wird der CO2-Fußabdruck dauerhaft gesenkt und die Umweltbilanz des Gesamtunternehmens messbar verbessert.

Ein weiterer ökologischer Vorteil besteht darin, dass in der Materialverbrauch in der Gesamtindustrie reduziert wird. Bei der Herstellung neuer Produktionsanlagen werden große Mengen an Ressourcen wie Metalle, Kunststoffe und andere Materialien benötigt. Durch die Wiederverwendung und Aufbereitung bestehender Anlagen können natürliche Ressourcen geschont und das Abfallaufkommen reduziert  werden. Zudem können sich Unternehmen Kosten im Vergleich zu einer Neuanschaffung der Produktionstechnologien einsparen.

Als weiterer zentraler Punkt ermöglicht der Prozess des Refurbishments auch eine Verbesserung der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit von Produktionsanlagen. Durch die Integration moderner Steuerungs- und Automatisierungssysteme können Unternehmen ihre Prozesse effizienter gestalten, Optimierungsmaßnahmen durchführen und auf veränderte Anforderungen besser reagieren. Dies ermöglicht eine bessere Nutzung der vorhandenen Kapazitäten und eine schnellere Markteinführung bzw. Umstellung auf neue Produkte.

Neben diesen Vorteilen erfordert das Refurbishment von Produktionsanlagen eine sorgfältige Planung und Evaluierung. Es ist wichtig, den Zustand der vorhandenen Anlagen zu bewerten, um festzustellen, ob eine Modernisierung technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist. Gegenüber einer Neuanlage muss verglichen werden, ob die Refurbishmentkosten zusammen mit dem erhöhten Instandhaltungsaufwand über den zweiten Lebenszyklus nicht die Anschaffungskosten übersteigen. Zudem ermöglichen neue Technologie und mehr Gestaltungsfreiheit durch weniger Randbedingungen Unternehmen die eigene Produktionsstrategie auf geänderte Anforderungen neu einzustellen. Darüber hinaus müssen potenzielle zeitliche sowie leistungsbezogene Risiken und Herausforderungen berücksichtigt werden, um einen reibungslosen Übergang und einen kontinuierlichen Betrieb der Produktion sicherzustellen.

Praxisbezug: Welche Einsatzmöglichkeiten existieren für Refurbished Anlagentechnik?

Je nach Grad des Refurbishments sowie den Anforderungen an die Produktionsmittel lässt sich die wiederaufbereitete Anlagentechnik für unterschiedlichste Einsatzzwecke nutzen. Die direkteste Möglichkeit ist die Verlängerung der Einsatzzeit bei einer verlängerten Produktion des Basisprodukts oder eines ähnlichen Nachfolgers. Dabei müssen zumeist wenige Änderungen an der Anlagentechnik vorgenommen werden und somit können Planungs- und Vor-/Anlaufzeiten reduziert werden.

Falls geringe Ausfallzeiten und eine hohe Systemperformance gefordert sind besteht zudem die Möglichkeit refurbished Komponenten in Produktionslinien mit geringeren Stückzahlen und hoher Resilienz einzusetzen oder diese als Fall-back-Lösungen in bestehende Bottlenecks zu integrieren. Dabei einfällt ein Großteil der Produktionsleistung und Sicherheit auf neue Anlagentechnik, welche an kritischen Stellen von den wiederaufbereiteten Komponenten abgesichert und unterstützt wird.

Des Weiteren hat sich in den letzten Jahren ein Refurbishment Markt für Anlagentechnik entwickelt, in dem Unternehmen sowohl in Käufer/Verkäufer-Funktion als auch als Händler/Dienstleister agieren können. Dies eröffnet die Möglichkeit Anlagenequipment für einen Rest-Wert zu verkaufen und so die Gesamtkosten einer Produktion zu verringern als auch klein- und mittelständischen Betrieben Technik in ihrer Produktion einzusetzen, welche in einer Neubeschaffung zu kostenintensiv wären. Viele namhafte Hersteller von Industrierobotern bietet dies in einem großen Umfang bereits an.

Industrieroboter sind zudem ein Paradebeispiel für Refurbishment. Der größte Verschleiß tritt hier in den Antrieben/Getrieben und am Endeffektor auf. Dadurch können diese Komponenten gezielt getauscht werden, währenddessen das verbleibende Konstrukt des Roboters eine deutlich längere Lebenszeit besitzt und lange betrieben werden kann. Zudem ermöglicht die hohe Flexibilität von Industrierobotern einen weitreichenden Einsatz in unterschiedlichsten Funktionen. Durch einen zumeist reibungslosen Austausch des Endeffektors sowie der Robotersteuerung lassen sich zudem Retrofitting-Tätigkeiten kostengünstig und effizient umsetzen.

Wie können wir Sie bei dem Thema Nachhaltigkeit und Refurbishment unterstützen?

Unser Ziel als Munich Consulting Group ist es Fabrik- und Prozessplanung ganzheitlich zu denken. Daher endet bei uns die Planung nicht in bei der Systemnutzung, sondern nach Ablauf der Produktionsphase auch mit dem Abbau und der Systemverwertung  bzw. -weiterverwendung.

Mit folgenden Expertisen finden wir zusammen mit Ihnen die passenden Circular Economy Lösungen für Ihre Produktionsmittel:

  • Analyse des Verschleißzustandes bestehender Anlagentechnik
  • Maßnahmendefinition für den Betrieb von Refurbishment-Komponenten
  • Machbarkeitsanalyse und Kostenabschätzung in Zusammenarbeit mit Technologielieferanten
  • Empfehlung der optimalen Lösung unter Berücksichtigung Ihrer spezifischen Randbedingungen und Anforderungen
  • Koordination in der Planung, Realisierung und Betrieb

Falls Sie mehr zu unseren Leistungen sowie weitere Informationen rund um Nachhaltigkeit erfahren möchten können wir Ihnen unsere Insight-Reihe zum Thema Nachhaltigkeit in der Fabrikplanung empfehlen, über die Sie sich hier einen Überblick schaffen können.

Wir haben langjährige Erfahrung und Expertise aus mehr als 250 akquirierten und abgeschlossenen Projekten. Wir denken Fabrik- und Prozessplanung ganzheitlich, denn unser Anspruch ist digitale Fabrikplanung über den Standard hinaus. Gerne überzeugen wir Sie wie Sie Ihre Produktion durch Refurbishment und Einsatz von Circular Economy Ansätzen nachhaltiger gestalten können. Für weitere Informationen kontaktieren Sie Thomas Horn (Manager Industrial Engineering).

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