Medienbefüllung in der Endmontage
In der Regel werden in der Automobilindustrie die Fahrzeuge im letzten Abschnitt der Endmontage (üblicherweise wenn es bereits auf eigenen Rädern steht) mit den erforderlichen Betriebsmedien (wie Bremsflüssigkeit, Kältemittel für die Klimaanlage, Kühlflüssigkeit, Scheibenwaschflüssigkeit etc.) befüllt. Die Herausforderung liegt dabei die leeren Fahrzeugsysteme innerhalb von 1–2 Minuten auf Dichtigkeit zu prüfen und diese mit den vorgeschriebenen Mengen und Füllständen vollautomatisiert und somit prozesssicher zu beschicken. Dies geschieht bei geschlossenen Kreisläufen (wie dem Kühlsystem) über mehrere Prozessschritte mit Vakuum- und Druckphasen.
Die Prozesschritte an sich haben sich über die Jahre hinweg nicht grundlegend verändert, jedoch sind die Fahrzeugsysteme an sich deutlich größer und komplexer geworden, um Komfortfunktionen darzustellen oder auch um zusätzliche Steuergeräte zu kühlen.
Die Anforderungen an die Anlagentechnik auch aufgrund der Integration immer neuer Varianten sind somit gestiegen. Dieser Komplexität muss in der Projektierung derartiger Prozessanlagen Rechnung getragen werden, da die Anlagentechnik über ihren eigenen Produktlebenszyklus hinweg häufig angepasst werden muss.
Vom Anlagen- zum Prozessthema
Unterschiede in der Fahrzeugarchitektur von Verbrenner- und E-Fahrzeugen
Grundsätzliich entfällt bei einem E-Fahrzeug die Erstbetankung mit Kraftstoff, es gibt keinen Verbrennungsantrieb. Im Grunde genommen reduziert sich das Antriebssystem auf den oder die E-Motor(en), die Leistungselektronik und die Batterie. Diese Komponenten benötigen jedoch ein deutlich sensibleres Temperaturmanagement als ein klassicher Verbrennungsantrieb, um einerseits mit optimalen Wirkungsgrad zu arbeiten und andererseits keinen dauerhaften Schaden zu nehmen.
Die Kühlung, zum Beispiel der Batterie, kann über den Klimasystem-Kreislauf (Klimaanlage) des Fahrzeugs erfolgen oder über das Kühlystem. Die Kühlung über das Kimasystem ist relativ einfach umsetzbar (zusätzlicher Verdampfer an der Batterie), funktionert aber nur in einem begrenztem Temperaturbereich (Außentemperaturen). Bei modernen Fahrzeugen kann so etwas eigentlich nur bei Mild-Hydbrid-Fahrzeugen aber nicht bei rein elektrischen Fahrzeugen toleriert werden.
Eine Kühlung bzw. Temperierung der Batterie über das Kühlsystem des Fahrzeugs (mit einem Wasser-Glycol-Gemisch als Kühllfüssigkeit) bringt den Vorteil, das System effektiver kühlen bzw. ggf. sogar erwärmen zu können, um die Batterie immer im wirkungsgrad-optimalen Temperaturfenster betreiben zu können.
Kühlung von E-Antrieben aufwendiger als von Verbrennungsmotoren
Herausforderungen in der Befüllung von Kühlersystemen bei E-Fahrzeugen
Die Kühlsysteme moderner Elektrofahrzeuge werden dadurch größer und komplexer als die vergleichbarer Verbrennerfahrzeuge. Ein Kühlkreislauf kann durch elektrische geschaltene Ventile in Subsysteme unterteilt werden. Diese Ventile müssen dann während des Befüllvorgangs von der Prozessanlage angesteuert werden, um den Kreislauf vollständig zu befüllen. Eine solche Ansteuerung von Fahrzeug-Steuergeräten war bislang nur bei der Bremsbefüllung erforderlich (ABS-Ventil-Block).
Eine Hochvolt-Batterie besitzt zudem viel „feinere“ (Kapillar-)Leitungen als ein Verbrennungsmotor, sodass der Systemwiderstand beim Evakuieren/Befüllen deutlich größer ist als bei einem klassischen Verbrennerkühlkreislauf. Die Gefahr, dass bei einer Kühlerbefüllung Luftnester im System verbleiben, ist hoch. Das Risiko für eine Bauteilschädigung durch Kavitation steigt ebenso wie die Gefahr, dass die empfindlichen Komponenten des elektrischen Antriebsystems sehr schnell dauerhaft Schaden nehmen, wenn sie nicht ausreichend gekühlt werden.
Die Herausforderung liegt dabei, dass die Befüllprozesse physikalischen Gesetzmäßgikeiten unterliegen, die nicht beliebig optimiert werden können. Kurz gesagt, wenn das System doppelt so groß und komplex ist, dauert auch der Befüllprozess entsprechend lange. Bis auf reine E-Fahrzeug-Produktionen werden jedoch – zumindest bei den klassischen OEMs – Elektrofahrzeuge zusammen mit Hybrid- und reinen Verbrennerfahrzeugen auf den gleichen Montagebändern gebaut. Eine längere Prozesszeit bedeutet einen höheren Bedarf an Fertigungstakten oder Sonderlösungen um einen einzelnen Prozess-Schritt zu verlagern.
Die Integration eines Elektrofahrzeugs in eine vorhandene Produktion stellt also schon aus Sicht des Spezialgebietes „Medienbefüllung“ eine Herausforderung dar.
Integration in vorhandene Befüll-Linien ist eine Herausforderung